Samstag, 26. Juni 2010

Das Geld der Touristen

Dass der Stierkampf nicht für die Touristen ist, dürfte weitgehend bekannt sein (siehe Der grosse Irrglaube: Stierkampf sei für den Tourismus!). Trotzdem versuchen immer noch eine Handvoll empresarios (Manager von meist kleinen Plaza de toros) in touristisch intensiven Zonen an das Portemonnaie einiger Urlauber zu kommen. Dagegen ist ja auch grundsätzlich nichts zu sagen, doch was die Touristen dort für viel Geld geboten bekommen übersteigt schon jede Unverschämtheit. Oft sind es nur vier Jungstiere, manchmal Kälber an denen sich meistens nicht professionelle Amateure oder Jungstierkämpfer üben können. Solche Veranstaltungen dauern in der Regel eine knappe Stunde. Zum Vergleich, ein klassische corrida de toros geht über zwei Stunden und mehr.
Hier an der Costa del Sol sind es vor allem die Plaza de toros von Benalmádena, Torremolinos, Mijas und Marbella die an das Geld der Touristen wollen. Die zuletzt genannten beiden Städte veranstalten einen solchen Stierkampf am nächsten Sonntag. Fairerweise sollte man aber noch hinzufügen, dass in Marbella und Torremolinos auch richtige corridas de toros und novilladas organisiert werden.

Stierkampf und Flamenco

Um die Touristen noch mehr zu locken, haben sich die Veranstalter etwas Neues ausgedacht. ¡Dos en uno! Zwei in Einem! Flamenco und Stierkampf. Dabei sparen sie sogar noch Geld. Statt in einen vierten Stier zu investieren engagieren sie eine günstigere Flamencogruppe, Amateure die noch vor dem Stierkampf im ruedo für 20 bis 30 Minuten ihr Bestes geben.

Die Spanier dürfen umsonst rein

Kaum zu glauben aber war! Denn die tendidos lassen sich mit den Touristen kaum füllen. Ein Mitarbeiter des cosos von Benalmádena sagte mir mal, an so einem Tag verkaufen wir an die 200 bis 400 entradas. Die Menschen gehen natürlich in der 3.600 Personen fassenden Plaza de toros vollkommen unter. Und um eine gewisse Stimmung zu garantieren werden viele invitaciones, Einladungen unter den Einheimischen verteilt. Im Mijas wird das anders geregelt. Da öffnen sich kurz vor Beginn der Veranstaltung die Tore zum sombra (dem Schattenbereich) und eine Menge Einheimischer lässt sich auf den noch freien Plätzen nieder.

Preise die es in sich haben!


Marbella:
GRAN CORRIDA DE NOVILLOS SIN PICADORES
Stiere: 4 Novillos (*1)
Toreros: Jesus Torres und Juan Reyes
Barrera Sombra: 85 €
Barrera Sol: 65 €
Tendidos: 50 bis 65€


Benalmádena:
GRAN CORRIDA DE NOVILLOS SIN PICADORES
Stiere: 4 Erales (*2)
Toreros: Juan Antonio Valverde und Pablo Hernandez
Barrera Sombra: 90€
Barrera Sol: 75€
Tendidos: 50 bis 65€


Mijas:
2 GRANDES ACONTECIMIENTOS EN UNO
TOROS Y FLAMENCO
Stiere: 3 Ejemplares (*3)
Toreros: José Luís Cabrero, Ivan Menacho, Sanchez Beltran
Barrera Sombra: 95 €
Barrera Sol: 80€
Tendidos: 50 bis 65€


Anmerkungen:
*1 Novillos = Jungstiere bis zu 3 Jahren
*2 Erales = Jungstiere bis zu 2 Jahren
*3 Ejemplares = Also Exemplare und der Züchter kann hier seine billigsten Tiere an den Mann bringen. Oder auch umgekehrt, dass der Veranstalter günstigste Tiere wählt. In der Regel werden becerros, also Kälber eingesetzt, die sich noch nicht novillos nennen dürfen.

Warum so teuer?

Die Erklärung ist einfach. Zum einen sprechen sie zu wenig Urlauber damit an, als dass es lohnend wäre. Zum anderen bekommen die Vermittler (El Corte Inglés, Carrefour, Hotels, Reiseveranstalter und Reisbüros) ihr Kommission. Und schliesslich will ja auch noch der kostenlose Shuttle-Service finanziert werden.

Was kann man als Tourist tun?

Eigentlich lautet die Frage, wie erkenne ich als Urlauber eine solche Touristenfalle? Grundsätzlich an den Plakaten. Mit einem Format von ungefähr 30 cm Höhe und ca. 12 cm Breite liegen sie an den Hotelrezeptionen und Reisebüros aus. Und das Erste was einem auffallen sollte, ist der Hinweis “BUS GRATIS - FREE BUS”. Da kann man schon davon ausgehen, dass Touristen damit angesprochen werden. Plaza de toros wie Málaga oder Fuengirola, wo es richtige corridas de toros oder novilladas zu sehen gibt haben das gar nicht nötig.
Zwar sind solche Plakate nett anzusehen, lassen Sie sich aber dadurch nicht täuschen. Die Stiere sind längst nicht so gross wie dort dargestellt. Auch die toreros entsprechen nicht der Wahrheit. Zu der Veranstaltung in Mijas zum Beispiel ist der Starmatador Enrique Ponce abgebildet. Der hat gewiss diese Stierkampfarena nicht einmal von aussen gesehen.


Um ganz sicher zu gehen, sollten sie eine Tourist-Information aufsuchen und nach einem richtigen Stierkampf fragen, einer corrida de toros, wo eben die Spanier hingehen. Hier an der Costa del Sol sind das vor allem Málaga und Fuengirola aber auch gelegentlich Torremolinos, Estepona und Marbella.

Freitag, 4. Juni 2010

Die Tragödie von Alhaurín el Grande

Täglich wird in fast allen Medien davon berichtet und gestern wurden die ersten sechs jungen Leute von der Guardia Civil verhaftet. Dabei gibt es viele offene Fragen:
  • Warum hat das Publikum nicht eingegriffen?
  • Warum waren weder Policía Local noch Guardia Civil präsent?
  • Warum waren keine professionellen toreros anwesend, um die Veranstaltung zu überwachen, wie es zum Beispiel in Fuengirola der Fall ist?

Und jetzt eine der wichtigsten Fragen?

  • Überall können wir nachlesen, dass diese Veranstaltung in Alhaurín von der CACMA (Colectivo Andaluz Contra el Maltrato Animal) dokumentiert worden ist um es sofort an die Medien weiterzuleiten. Es waren also Tierschützer vor Ort. Dann stellt sich doch die Frage, warum um Himmels Willen, haben die Tierschützer nicht interveniert? Zumal es doch gerade die Tierschützer waren, die kritisierten, dass das Publikum nicht eingegriffen hätte.

Fast ausnahmslos alle verurteilen das Geschehene. Auch die afición. Doch dann kann man sich nur noch wundern, denn die antitaurinos erkennen das mit der afición nicht an. Wollen es nicht anerkennen. Schnell ist da die Rede von Heuchelei und die Meinung sei nur offiziell. Und das Verbot der suelta de vacas wird als Bauernopfer von Stierkampffanatikern bezeichnet oder als ein Zugeständnis der Tauromafia.

Einer der jungen Leute aus Alhaurín el Grande, der die vacas misshandelt hatte bekam unerwarteten Besuch:


Mittwoch, 2. Juni 2010

Eine Schande für die Tauromaquia

In der Provinz Málaga wurden am letzten Wochenende Kühe bis in den Tod brutal misshandelt
Alhaurín el Grande ist eine knapp 24.000 Seelengemeinde im Norden der Sierra de Mijas in der Provinz Málaga. Eine Kleinstadt in der sich schon die Phönizier, die Römer, die Araber und Westgoten tummelten. Und heute ist es ein friedlicher Ort mit vielen bekannten Persönlichkeiten wie der Schriftsteller Antonio Gala oder der 1987 verstorbene Gerald Brenan und zahlreichen ausländische Residenten. Wie in jedem Jahr so wurde auch jetzt Ende Mai die Feria gefeiert. Als besonderes Spektakel eine suelta de vaquillas, ein Freilassen von jungen Kühen in der Plaza de toros, denen sich dann die meist jungen Leute gegenüber stellen können um ihren Mut unter Beweis zu stellen. Oft sind diese Leute in so genannten peñas taurinas organisiert und stellen an ihre Auftritte irgendwelche Herausforderungen. Sei es über die Kühe zu springen wie die recortadores, oder die vaquilla einfach nach portugiesischem Stiel festzuhalten, wie es die forcados tun. Andere versuchen es im klassischen Stiel mit der roten muleta oder der capa. Wieder andere üben sich in Clownerien, wie bomberos toreros. Im Grunde genommen eine eher spassige Veranstaltung, bei der die Kühe weder verletzt noch getötet werden sollen. Doch aus dieser Unterhaltung wurde in Alhaurín el Grande bitterer Ernst.
Zahlreiche Jungendliche, im Jugendzelt auf dem Kirmesgelände bis in die frühen Morgenstunden durchgezecht hatten begaben sich bei Sonnenaufgang, bewaffnet mit je einer cubata (ein Ein-Liter-Trinkkübel mit alkoholischer Mischung) Richtung Plaza de toros. Dort nahmen sie an einer suelta de vaquillas teil, wo sie eine junge Kuh nach langen und willkürlichsten Misshandlungen, wie kräftige Fusstritte, in den Tod trieben.
Warnung: Dieses Video enthält Inhalte mit teilweise brutalen Szenen, die die Sensibilität einiger Nutzer treffen könnte.


Eine solche Veranstaltung empörte nicht nur Tierschützer, sondern auch die Bevölkerung von Alhaurín und die afición selbst. Das habe nichts mit Stierkampf zu tun, hiess es da, weder kunstvolle Manöver, noch Eleganz und schon gar nichts mit Würde. “Da bräuchte man auch keine Stiere oder Kühe dazu, man hätte jedes beliebige Wesen nehmen können,” beschwerte sich unser Nachbar Andrés und fügte hinzu, ”und ich bin mir sicher dass diese jungen Betrunkenen nicht mal Gäste in den tendidos sind, wenn es einen richtigen Stierkampf gibt! Die haben von der tauromaquia nicht die leiseste Ahnung.” Diese Meinung scheint weit verbreitet. Selbst die Presse berichtet auf nationalem Niveau und überall wird diese Veranstaltung verurteilt.
Bei so viel nationalem Druck musste der Bürgermeister Don Juan Martín Serón schnell handeln und sprach schon am nächsten Tag ein Verbot mit sofortiger Wirkung von allen sueltas de vaquillas in seinem Bereich aus. Ich glaube es ist somit eines der ersten Male, wo afición, antitaurinos und Tierschützer am selben Strang gezogen haben.
Die Staatsanwaltschaft überprüft zurzeit ob sie juristische Schritte in den Wege leiten soll. Das Problem bei solchen Veranstaltungen ist die Rechtslage. Im Gegensatz zum Beispiel einer corrida de toros gibt es weder beim Innenministerium noch bei den lokalen Obrigkeiten diesbezüglich irgendein Regelwerk. Somit sind die Tiere der reinen Willkürlichkeit der Bevölkerung vollkommen ausgesetzt. Und so kam es, dass weder die Guardia Civil noch die Policía Local in der Plaza de toros präsent waren.

Ausländische Tierschützer machen dabei aber keinen Unterschied. Stierkampf sei Stierkampf; punkt aus. Wie schon in dem Beitrag Ich bin gegen Stierfeste! zu lesen ist, solche Veranstaltung schaden der mundo de los loros, denn mit tauromaquia hat das gewiss nichts zu.