Donnerstag, 30. Juni 2016

Einfach nur in Stille geniessen

Wie viel Afición benötigt ein deutscher Aficionado?
Ist es notwendig mit der Aktualität berieselt zu werden?
Muss er es in Worte fassen können?
Oder kann man sich auch einfach nur so daran erfreuen?
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von Philip de Málaga
(Fotos: Simon Casas Producción)

Da reden auch in den nicht-taurinischen Ländern die Menschen über die Stiere, über die mundo de los toros. Die einen mehr, die anderen weniger. Da gibt es jene mit grosser Kenntnis, andere mit wenigen Begegnungen und auch jene die sich daran erfreuen können, aber eigentlich eher wenig von der mundo taurino wissen. Da kommt einem doch die Frage in den Sinn, wie viel wollen wir eigentlich erfahren? Ist es wirklich notwendig, jeden Tag mit den Neuigkeiten konfrontiert zu werden, um mitreden zu können? Ist es von elementarer Bedeutung zeitgerecht zu erfahren was im ruedo der verschiedenen plaza de toros vor sich geht? Muss man up to date sein? Wohl kaum.

Mehr noch, wer sich im blindem Eifer auf die ohne Frage interessante wie vielfältige mundo de los toros stürzt, wird sicherlich mit gewaltiger Faszination daran gefesselt sein. Findet sich im Rausch des daher kommenden duende wieder. Hört den paso doble, fühlt die Momente der Ekstase, wenn der toro passiert, leidet mit einer jeden cornada, spürt in der eigenen Brust das Gleiten eines pase naturales, den Schwung der verónica, das vibrierende Ende der capa mit einer eleganten media verónica, um dabei den toro in das Leere laufen zu lassen ... bien. Muy bien! Was für ein Erlebnis. Momente auf welche die toreros hinarbeiten, ihr ganzes Leben lang, und die afición erhofft diese so häufig zu erleben wie möglich. Das wollen sie,  das wollen wir, die aficionados de toros, das Gefühl der Wahrheit, der Sensibilität, des Lebens, aber ...

Gibt es eigentlich einen Namen dafür, was ein aficionado spürt, fühlt, was seine Seele, seine Emotionen bewegt? Gewiss, man spricht von der afición a los toros. Nette Bezeichnung, aber nun drückt sie nicht annähernd das aus, was man empfindet. Allerdings wenn man es verdeutscht, klingt es anders. Leidenschaft für die Stiere.

Muss man ein aficionado de toros sein um die toros zu mögen? Ist es möglich sich an einer corrida de toros zu erfreuen, dass das Herz bei den suertes schlägt, bei Mut und Eleganz gar noch mehr?

Wer in die Tiefe geht, in seine eigene Vergangenheit schaut, dem fällt diese Frage zu beantworten nicht schwer. Denn fast alle aficionados hat schon Irgendetwas bei ihrer ersten Begegnung mit der mundo de los toros fasziniert. Etwas Einzigartiges. Gleich einem Stich in das noch nicht taurinische Herz ergriff einen die afición a los toros, und meistens konnte man die sich nicht einmal erklären. Man erkannte die Gefahr, sah das Leben in einer anderen Dimension, sieht in diesem Drama ein beeindruckendes, tief seelisches Schauspiel. Die Begegnung mit dem Tod, schreckt einen vielleicht vorerst ein wenig ab, kippt dann in Faszination, in einen Ausbruch innerer Gefühle, gleich einem Liebesakt. Man beginnt etwas zu mögen, was man nicht für möglich gehalten hat. Der freie Wille schiebt sein inneres Bewusstsein in eine Anerkennung des Neuen, des unbegreiflich Schönen. Eine Haltung inniger und tiefer Verbundenheit zum torero wie zum toro, der lidia zwischen Mensch und Tier in ihrer Gesamtheit, im Spiel von sol y sombra. Versunken in der Harmonie des toreos erfreut man sich am Leben, am Dasein, und wenn dann die Olés durch die plaza hallen, dann weiss man, dass man nicht der einzige ist, der so fühlt und so denkt.

Tauchen wir ein in Momente der taurinischen Inspiration des Lebens. Lassen wir Worte, Worte sein und sehen den maestro José Tomás in Alicante diesen Jahres, auf nur wenigen Bildern, welche aber Bände sprechen:







Dienstag, 28. Juni 2016

Der Stier wird nicht einfach getötet, sondern in seinem ganzen Wesen respektiert

Die Plaza de toros ist kein Schlachthof,
sondern ein Ort des Respekts.
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von Philip de Málaga



Der toro bravo, der toro de lidia ist ein Lebewesen durch und durch bravo, was bedeutet, er ist von Natur aus misstrauisch, ausdrucksarg und aggressiv. Diese Kampfeslust ist nicht mit einem wilden Tier zu vergleichen, welches von Hunger angetrieben auf Jagd geht, denn die toros sind Pflanzenesser. Ein toro bravo lebt in Einklang mit seiner wilden Umgebung, der herben Natur, jene Gegenden wo er seinen rebellischen und ungezähmten Charakterzügen geradezu widerspenstig wie aufsässig freien Lauf geben kann.  Harmonie der Wildheit mit der Natur in einem Leben in Freiheit.

Und so ein Tod im ruedo eines plaza de toros, tut nichts anderes als die Natürlichkeit des toros bravos zu bestätigen,  jenen torero, der die Freiheit des toros in Frage stellt. Mehr noch, er betritt seine Zone, das terreno des toros, sein Hoheitsgebiet. Er macht dem toro die Vorherrschaft streitig.
Und hier spielt sich während des Schauspiels im coso das eigentliche und wirkliche Drama ab. Der toro bravo tritt hier zu seiner letzten Schlacht an, um seine Freiheit zu verteidigen. Und er tut dies mit grosser Inbrunst, denn das er den momento de verdad nicht überleben wird, ist ihm nicht bewusst. Er erinnert sich an die saftigen dehesas, das herrliche Leben auf dem campo bravo, und da will er wieder hin zurück. Doch dieses Privileg kommt nur wenigen indultados zu, welche ihre bravura bis zum Äussersten ausreizen konnten.

Aber wenn man ihn fragen könnte, was ihm lieber wäre, als ein Ochse in kurzer Masttierhaltung und das Ende dann im Schlachthof, oder einen Leben in Freiheit auf den herrlichen Weiden, über viele Jahre hinweg, um dann in einer plaza de toros zu sterben, mit der Chance gar zu überleben, wir wissen alle, wie er sich entscheiden wird.

Montag, 27. Juni 2016

620.000 Zuschauer bei den Stierkämpfen in Madrid




von Philip de Málaga


Die Stierkämpfe in der spanischen Hauptstadt sind weiterhin beliebt
Täglich über 20.000 Besucher!
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Sie ist nicht nur die Hauptstadt auf der Iberischen Halbinsel, sondern auch die capital del toreo. Jeder torero, welcher in der mundo de los toros etwas sein will, muss mindestens einmal in seinem Leben das Publikum in den tendidos der grössten plaza de toros von Europa, in Las Ventas in Madrid überzeugen. Die Höhepunkt der fiesta brava findet im Rahmen von San Isidro in der Zeit Mitte Mai und Anfang Juni statt.


Verständlich dass diese feria taurina bei entsprechenden carteles auch zahlreiche aficionados von der ganzen Welt anzieht. So auch Adrian Neville was man bei SfA in Und wieder Madrid nachlesen kann. 

In diesem Jahr haben 620.000 Zuschauer die corridas in Madrid besucht. Dabei gab es acht ausverkaufte tarde de toros, also mit einem No hay billetes. Ebenfalls acht Veranstaltungen mit einem lleno von 90 bis 99 Prozent, und weitere sechs festejos wo sich die tendidos mit über 80 Prozent füllten. Durchschnittlich füllte sich der coso zu einer corrida mit 20.633 Besuchern (86,7%). 

Madrid 2016: Zu den toros füllten sich die Ränge (Foto: Boris Kahl)
Zahlen die eindeutig aufzeigen, wie populär die toros noch im modernen Spanien der Gegenwart sind. Und wer einen genauen Blick in die tendidos wirft, wird erkennen, es sind nicht mehr die Zigarre rauchenden älteren Menschen aus der Francozeit, nein, auch junge Menschen zeigen ihr Interesse an der mundo taurino.

Samstag, 25. Juni 2016

Antitaurinos in Alicante: Es sind wenige, aber sie sind laut!




von Philip de Málaga


Wenn die Gegner von Stierkämpfen aufmarschieren
Fast 100.000 verkaufte Eintrittskarten in Alicante
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Sie sagen, es gibt in Spanien nur wenige aficionado de toros. Aber um sich bei einem festejo taurino bemerkbar zu machen benötigen sie schon einige Megafone oder überhaupt andere spektakuläre Aktionen. Sonst würde man sie kaum zur Kenntnis nehmen. Selbst wenn es 500 antitaurinos sind, die sich versammeln, wie in diesem Fall in Alicante. Doch mal ehrlich, wirft man einen Blick auf die Zahlen, da wurden 60.940 entradas allein für die feria taurina mit ihren nur vier corridas de toros an den Mann gebracht. 15.325 Zuschauer pro festejo. Kommen noch die über 30.000 hinzu, welche das zusätzliche rejoneo und die novillada besuchen. 

500 antitaurinos gegen 15.235 Besucher einer corrida de toros
oder 500 antitaurinos gegen über 90.000 verkaufte entradas
Insgesamt wurden 91.410 Eintrittskarten für sechs festejo taurino verkauft. Sechs No hay billetes. Da kann man bestimmt nicht von einer Minderheit sprechen. 
Alicante 2016: Voll hasta la bandera

Freitag, 24. Juni 2016

Plaza de toros in Flammen




von Philip de Málaga


In Katalonien brannte eine Plaza de toros nieder
Über die verschiedenen Betrachtungen möglicher Motive
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Gegen acht Uhr am vergangenen Dienstag Abend fing die plaza de toros der kleinen Gemeinde Campredó (in der Provinz Tarragona, im Süden von Katalonien) Feuer und brannte nieder. Der katalanische coso war aus Holz konstruiert, und das Gebäude konnte dementsprechend von der Feuerwehr auch nicht mehr gerettet werden.

Die brennende plaza de toros Campredó(Foto: Vocento)
Das bei einer so kleinen Gemeinde wie Campredó mit ihren nur 1.200 Einwohnern, einer Ortschaft die sich auch noch in Katalonien befindet, wo alle corridas verboten worden sind, eine plaza de toros niedergebrannt ist, ist eigentlich etwas kaum Erwähnenswertes. Auch nicht für SfA

Interessant dagegen ist es zu beobachten wie die verschiedenen Medien mit diesem Thema, besonders mit der Suche nach der Ursache umgehen. Selbstredend vermuten taurinische Portale dahinter einen Angriff der antitaurinos. Einige drücken sich dabei aber ein wenig diplomatischer aus, wie mundotoro: "Die Polizei schloss nicht aus, dass es sich hierbei um eine Aktion von Gruppen antitaurinos handelt ...". In der spanischen Presse allgemein deutet man es ebenfalls nur an, wie bei La Razón: "Auch wenn die Ursache des Feuers unbekannt ist, gibt es die Möglichkeit einer beabsichtigten Tat von Gruppen antitaurinos". 

Die grösste Mediengruppe Spaniens, Vocento klärt dagegen auf: "Wie ein Sprecher der Mossos d`Esquadra (katalanische Polizei) berichtet, entstand das Feuer als Folge, weil eine kleine Gruppe von Kindern dort mit Feuerwerkskörpern spielte während sie kleine hölzerne Hütten für das festejo popular vorbereiteten". 

Keine antitaurinos, keine Aggression gegen die mundo taurino. Und ausgerechnet in Katalonien hat es doch wohl noch weniger Sinn. Aber die mundo de los toros sollte sich nicht dem Tonfall der antitoristas anpassen, die Stimmung unnötig anheizen, denn damit, mit der Verbreitung von Unwahrheiten, machen sie sich selbst angreifbar. Und viel schlimmer noch, sie verlieren an Glaubwürdigkeit. 

Donnerstag, 23. Juni 2016

Torero im Smoking?

Für die einen ist es elegant, gar Apotheose,
für die anderen hat der Smoking nichts in der Plaza zu suchen
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von Philip de Málaga
(Fotos: mundotoro)

Am vergangenen Sonntag gab es in der plaza de toros von Istres, der Arène du Palio mal wieder einen historischen corrida de toros. Der maestro Enrique Ponce trat dort als espada único vor, erstaunlicherweise nicht ausverkauftem Hause an, obwohl die plaza lediglich 2.700 asientos zählt (überhaupt ist es erstaunlich, dass eine so kleiner coso es immer wieder schafft, carteles de lujo wie dieses oder jenes mit Joselito und Morante de la Puebla aufzubringen). Obwohl es diesmal kein No hay billetes gab, bot der matador de toros aus Valencia seinem Publikum einen unvergesslichen tarde de toros: Die verehrten Leser von SfA kennen sicherlich den fabulösen Ausgang dieses authentischen espectáculos taurinos, oder haben über diesen zumindest gelesen: Oreja, oreja, dos orejas y rabo, dos orejas y rabo simbólico, oreja und oreja! Was für ein festejo, acht orejas und obendrauf gab es beim vierten toro ein indulto.

Bei so viel Euphorie, genügend Gründe um dieses zu zelebrieren. So dachte wohl auch der maestro Enrique Ponce wahrscheinlich auch, als er vor seinem letzten toro das ruedo verliess, und nach kurzer Zeit im schwarzen Smoking das Geschehen wieder betrat. Ein lidia im schwarzen Edelgewand mit seidenem Revers, für viele eine Neuheit in der tauromaquia


Beide in schwarz, der torero wie der toro, nur getrennt durch das Farbenspiel der capa und schliesslich der muleta



Der diestro der lidia als Dirigent der Symphonie. Es beginnt das Allegro, wenn der toro voller Energie aus dem Dunkeln des toriles stürmt und das Licht des ruedos erblickt. Das abwartende Adagio, wie das Tier wohl auf die erste schmerzliche Begegnung mit der puya reagieren wird, abgerundet durch die Dominante der quites durch den torero. Es folgt das tercio de banderillas, das Menuett, die mittelschnelle bis tanzartige Begegnung zwischen Mensch und Stier. Wo die banderillas die richte Stelle treffen müssen, gleich dem Bogen einer Violine, um dem gesamten Werk seine Perfektion nicht zu nehmen. Und dann kommt es zum grossen Finale, mit all seinen Variationen. Eine Harmonie in schwarz, nur das Tuch als dramatisches Instrument der Bewegung und das sich in der Sonne wiederspiegelnde Blut. Die Spannung steigt, der temple hält den Rhythmus, wirkt beruhigend, die Kunst saugt einen auf. Die Musik klingt einem in den Ohren, die banda taurina stimmt ein Làigle noir von Barbara an, es ergreift einen, el arte del toreo spielt mit den Gefühlen, und der momento de verdad soll dieses bitte nicht zerstören . . . eine estocada entera bringt das Werk zu seinem krönenden, zum triumphierenden Abschluss. Que tarde de toros!


Die puerta grande hat sich Enrique Ponce redlich verdient. Mehr als verdient. Das Tor zum taurinischen Himmel hat sich ihm geöffnet. Dieser Tag wird ohne Frage in die Geschichte der tauromaquia und deren grossen figuras eingehen. Ponce ist Ponce

Als maestro und auch als Gentleman ist er Willkommen. Doch war dazu ein Smoking notwendig? Gar gerechtfertigt? Andrés Amorós schrieb in der spanischen Tageszeitung ABC: "Das Wesentliche sind nicht die trofeos, weder die música und auch nicht der Smoking - und daran wollen wir uns auch nicht festhalten, obwohl es ein Teil von diesem grossen espectáculo war - sondern weil er ein torero mit aussergewöhnlichen Fähigkeit ist."

Gewiss, gleich einem Artisten hat Ponce in der Arène du Palio ein Schauspiel geboten. Ein Schauspiel, welches er auf seinem cartel, ebenfalls im Smoking gekleidet, ankündigt. "Im Ablauf der corrida ist die Darstellung des Lebens im Tode und die Notwendigkeit des Todes im Leben dargestellt. Mehr noch: Es ist die umfassendste Darstellung des Lebens im Sinne des Theaters", so Rainer Bischof von der Universität in Wien. Und von Orson Welles wissen wir, dass der torero ein Schauspieler ist, dem die Dinge wirklich passieren.

Wir sprechen hier von Realität. Und trägt man im Leben am Nachmittag einen Smoking? Begegnen wir dem Tod im Smoking? Sind wir gewohnt den Smoking überhaupt zu tragen? Spielt der Smoking ein tragende Rolle im Leben? Gibt der Smoking dem toreo eine spezielle Aussagekraft, oder ist es lediglich seine schwarze Farbe, welche die Faszination für die Komposition der Bewegungen auslöst? Ein jeder hat gewiss seine Antworten dafür.

Gerade in der mundo taurino gibt es auch im ruedo eine Kleidungsetiquette. Überhaupt für den Gentleman und torero aus Valencia ist die gesellschaftliche Ordnung und Verpflichtung nicht gerade unbekannt. Er selbst ist ein Teil von ihr. Eingeladen auf königlichen Hochzeiten oder sonstige gesellschaftlichen Anlässen, er ist bestens damit vertraut. Warum also der Smoking? War es Verkleidung oder Ausdruck? War es eine Interpretation von ... ja was eigentlich? 

Dabei geht es nicht darum, dass ein torero seinen traje de luces gegen ein anderes Kleidungsstück eintauscht. Das haben schon zahlreiche matadores an anderer Stelle getan, wie die maestros Javier Conde, Finito de Córdoba, der Franzose Sebastián Castella und andere.





Es geht wohl offensichtlich nicht um den Tausch der traje de luces, sondern um die Bedeutung des Smokings. Für einige war es einfach nur elegant, störten sich nicht daran oder fanden es irgendwie passend. Aber erklären konnten sie es nicht. Andere fanden es deplatziert, gar overdressed.

Andrés Amorós kommt einer Erklärung aber ziemlich nah. Im Zentrum der afición sollte und muss das toreo, der Umgang mit den Stieren stehen. Erst wer dieses beherrscht, sollte beginnen sich um die Details zu kümmern. Und in einem stimmen wohl alle aficionados überein. Enrique Ponce gehört schon seit Jahren zur Königsklasse des toreo  Ein authentischer maestro  auf den man sich fast immer verlassen kann.

Und als Gegenpol gibt es die andere Variante, torear ohne traje wie der populäre matador de toros Cayetano Rivera:

Mittwoch, 22. Juni 2016

Atrevido, der weisse Stier






von Philip de Málaga


Über einen historischen Tag in Madrid
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Wir schreiben den 15. Mai 1966 und befinden uns in Las Ventas, in der spanischen Metropole der tauromaquia. Die Feria San Isidro sollte an diesem tarde de toros einer der besten faenas des maestros Antonio Chenel "Antoñete" (1932 bis 2011) zu sehen bekommen. Sein toro hies Atrevido (was für verwegen, wagemutig, dreist aber auch zweideutig steht), kam von der ganadería Osborne, ist in Jerez auf der Finca Bolaños im Jahr 1963 (man achte auf das Datum, der toro bravo war gerade mal drei Jahre alt!!!) geboren, wog 486 Kilo und trug die Nummer.
Atrevido noch vor seinem grossen Auftritt im corral der Finca (Foto: El Ruedo)
Jeder war gespannt, welcher der vier toreros, der rejoneador Fermín Bohórquez, oder die matadores de toros Antonio Chenel "Antoñete", Fermín Murillo oder Victoriano "Valencia" beim sorteo zugesprochen bekam. Und als das Los auf "Antoñete" fiel, war dieser vorerst so gar nicht angetan von seinem zukünftigen Glück. Wie auch viele andere, so sah er in Atrevido eher eine vaca lechera als einen toro de lidia. Er befürchtet dass das Publikum mit dieser vaca mansa eher Mitleid haben könnte. Es sollte aber anders kommen.
A T R E V I D O
Was für ein toro. Das Publikum erwartete einen leuchtend weissen Stier, aber nicht dieses gefleckte Wesen. Nein, in den tendidos war man geradezu enttäuscht. "Gefällt mir nicht", hörte man auf den asientos. Irgendwie hatte man etwa anderes, etwas spektakuläres erhofft. Die Ankündigung eines toros blancos regte die Phantasie an, die aficionados waren regelrecht süchtig nach Neuem. Etwas überraschendes, wofür sie sich begeistern können. Und genau das konnten sie auf den ersten Blick nicht erhaschen.

Aber da war ja der maestro, von dem der bekannte Kritiker Isidrin in der Tageszeitung ABC schrieb:  "Dieser Antoñete ist so überlegen, er steht über jedem toro. Junge, Junge, auf welche Art und Weise er das torear umsetzt. Läuft Dir da nicht der Speichel aus dem Mund, bei so viel Bewunderung? Bei mir ja! Siehst Du, das hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was wir bist jetzt diese Tage gesehen haben, diese Mittelmässigkeit an Groteskem wie Nichtssagenden."

Und als dann der toro blanco das ruedo zum Erstaunen des Publikums betreten hatte, und im ersten tercio sein ersten puyazo entgegennahm, änderte sich alles schlagartig. Denn bei den quites begann der maestro Antoñete mit seiner wahren Arbeit. Und wie er es tat. Immer besser gelang es ihm mit dem toro, mit Atrevido zu harmonisieren. Galant führte er die capa. Mit kurzen, aber feinfühlig und sanften verónicas erreichte die erste Welle der Begeisterung die tendidos. Seine Ausführung erinnerte an den matador de toros, den er nicht nur verehrte, sondern seinen Stil öfters versuchte zu kopieren, an die legendäre figura Juan Belmonte (1892 bis 1982). Geradezu eine Hommage an Belmonte. Und Atrevido beteiligte sich eifrig dabei

A T R E V I D O bei einer verónica
Vor den Augen prominenter Gäste, wie des spanischen Diktatoren Francisco Franco und des Präsidenten von Nicaragua René Schick Gutiérrez zauberten die beiden Akteure im ruedo, Antoñete und Atrevido, eine Symphonie muy torea, begleitet von stolzen sechzig muletazos.




Eine faena zum träumen. Aficionados sprechen noch heute von einer obra histórica, einem historischen Werk. Antoñete beherrschte das terreno, verstand es geradezu perfekt parar, templar y mandar. Und Atrevido war stets sehr angriffsfreudig. Der toro bravo ging den Aufforderungen des toreros nicht aus dem Weg. Und wenn der toro mal stehen blieb, begegnete Antoñete ihm mit stoischer Ruhe, behielt die Kontrolle und zauberte wunderbare naturales. In herrlicher Zeitlupe transmittierte er den temple in die plaza.


Und als dann der maestro den espada holte, war dies nicht um den estocada vorzubereiten, sondern der Beginn einer neuen faena. Von weitem begann er den toro zur embestida aufzufordern. Atrevido war bereit. Es folgte ein Spiel zwischen muleta und cuernos, ein Dialog ohne Worte, eine magische Symbiose zwischen toro und torero, die Schaffung von duende, wie das Vibrieren der Emotionen. Da waren sie nun, Atrevido und Antoñete  Ein Pas de Deux der Wirklichkeit, ein Schauspiel des Lebens, welche Las Ventas, stolze 24.000 Seelen zum Kollabieren bewegte.


Schliesslich kam er. Der momento de verdad. Beide erschöpft. toro wie torero. Nach dieser Apokalypse hätte sich jeder gewünscht, dass sich die Himmelspforten öffnen. Doch zwei pinchazos und eine media estocada verletzten den maestro nicht nur an der linken Hand, sondern bremste auch für Sekunden die Euphorie. Denn die estocada war nicht tödlich. Sichtlich enttäuscht voller Schmerzen, psychisch wie physisch, ging Antoñete zur barrera und holte den descabello. Auch hier stand Fortuna nicht Pate. Zwei descabellos und die Magie, der Zauber des weissen Stieres hat ein Ende. Ein Ende einer Reise durch das dritte tercio, vor einer beeindruckenden Kulisse eines No hay billetes, welches die afición de toros für immer im Gedächtnis behalten wird.

Wer dabei war, hörte noch lange den Nachhall der olés, spürte das Gefühl der Momente von Verliebtheit, die Emotionen purer torería. Neidisch schaut ein jeder aficionado auf jene, die dabei sein durften. Doch Dank des Besuches des Generalissimo Franco, wurde diese corrida mixta, diese historische Zauberei des toreos vom Fernsehen übertragen und kann noch heute bewundert werden. Hier ein Link zum Video: Sangre brava - Antonio Chenel Antoñete und Atrevido.

Dienstag, 21. Juni 2016

Fast 5.000 Zuschauer beim Stierkampf auf Mallorca




von Philip de Málaga


Obwohl man es in Mallorca verhindern möchte, 
es gibt weiterhin Stierkämpfe und mit grossem Besucherandrang
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In Spanien nennt man es ein casi lleno, wenn sich eine plaza de toros fast füllt. Und genau das ist in Muro auf der Baleareninsel Mallorca am letzten Sonntag geschehen. Mehr als tres cuartos Zuschauer in den tendidos bei einer corrida de toros. Ein ohne Frage erstaunliches Interesse für eine Insel, welche mit dem Slogan "Mallorca ohne Blut" wirbt. Wenn eine kleine Gemeinde von gut 7.000 Einwohnern, ihren coso mit 5.000 Besuchern zu füllen versteht, ist das eine klare Antwort der mundo taurino auf die Bestrebungen, alle festejos taurinos zu verbieten: "Si, la isla quiere los toros!" Ja, die Insel will die Stiere! Oder wie die spanische Tageszeitung ABC schrieb: "Mallorca beansprucht die fiesta de los toros für sich".

Es war nicht nur ein gut besuchter tarde de toros um die tauromaquia auf den Balearen zu verteidigen und zu rechtfertigen, die Zuschauer bekamen auch etwas geboten. Die drei matadores de toros konnten durchaus überzeugen. Allen voran der 1974 in Salamanca geborene maestro Álvaro de la Calle mit drei orejas. Auch seine Mitstreiter im ruedo, Morenito de Aranda und Paco Ureña erhielten jeweils ein oreja für ihre Leistung.
Volle plaza de toros auf Mallorca
Das neue Tierschutzgesetz solle alle toros auf den Balearen verbieten. Doch kaum ist man die Umsetzung angegangen, gab es in den eigenen Reihen der regierenden Sozialisten Wiederstand. Und nun gibt es doch Stierkämpfe auf Mallorca in diesem Sommer

Aber nicht nur den taurinos missfällt das Vorgehen der Balearenregierung. Auch die Jäger fühlen sich missverstanden. Denn mit dem neuen Tierschutzgesetz müssten diese auf die Wettkämpfe des Taubenschiessens verzichten. Das Taubenschiessen habe eine über 60-jährige Tradition, und das könne man nicht einfach so unterbinden. Die jährlich an die 50.000 geschossenen Vögel kommen als Essenspende karitativen Organisationen zugute. Dabei gehe es den Jägern nicht nur um die Erhaltung ihrer Tradition, vielmehr sei zu berücksichtigen, dass die Tauben zu einer Plage werden könnten, wenn man die Vermehrung nicht mehr kontrollieren könne. Toros und Tauben, zwei "T", welche dem Regionalparlament der Inselgruppe zu einem Problem werden.

Montag, 20. Juni 2016

Momentaufnahme vor dem Tod




von Paco Cano


Jeder aficionado kennt den 28. August 1947 und verbindet damit automatisch zwei Namen: Manolete und Islero. Ein torero und ein toro. Im andalusischen Linares, in der Provinz Jaen, begegnete damals die wichtigste figura des toreos, der matador de toros Manuel Laureano Rodríguez Sánchez, bekannt unter dem Künstlernamen Manolete, dem letzten toro in seinem Leben. Der toro mit Namen Islero brachte 495 Kilo mit auf die Waage, kam von der gefürchteten ganadería Miura, sein Geburtsdatum war kurioserweise unbekannt, und er war an diesem diesem tarde de toros das fünfte ejemplar, welcher in das ruedo kam, um mit dem maestro Manolete anzutreten. 

Das tragische Ende kennen alle. Bilder, Filme, Momente der dramatischen cogida, viele aficionados tragen sie in ihrem Gedächtnis. Islero war der zweite toro von Manolete und seine todbringende Attacke führte er erst bei der estocada dem torero zu, der versuchte mit einem volapié seinen enemigo zu töten. Doch vor dieser nervenaufreibenden Szene gab es andere Momente, die auch festgehalten worden sind. So wie die folgende Aufnahme des bekannten Photographen taurino Paco Cano:
28. August 1947. Minuten vor der todbringenden cornada.
Da steht Manolete vor seinem zweiten toro des tardes, Islero. Das letzte tercio hat begonnen, die muleta hält er in der rechten Hand, mit der anderen kontrolliert er die Hörner, blickt provozierend vom Tier weg ins Publikum, der momento de verdad folgt in wenigen Minuten und noch ahnt er nicht, dass er den nächsten Tag nicht mehr erleben wird. 

Sonntag, 19. Juni 2016

Stierkämpfe auf den Azoren




von Philip de Málaga


Zwischen Ja und Nein können sich die Stiere auf den Azoren halten
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Die portugiesische Inselgruppe der Azoren bildet eine Brücke nach Amerika. Und im Sinne der tauromaquia gilt das auch für die toros, zwischen Europa und Mittel- wie Südamerika. Mit ihren ¼ Million Einwohnern balanciert die Iihas dos Açores zwischen der tradición taurina und einer abolición de los toros. Die afición auf den Azoren ist klein, aber intensiv und voller Leidenschaft. Sie pendelt zwischen den klassischen corrida de touros picadas und den festejos populares touradas á cordas, wo die Stiere an Seile angebunden durch die Dörfer getrieben werden, und junge Männer die Möglichkeit haben, sich ihnen zu stellen. besonders taurinisch fixiert ist die Insel Terceira, auch deswegen, weil es dort bekannte ganaderías gibt. Nicht umbedeutsam, eben auch weil wir in Portugal sind, die forcados.
Das cartel taurino für 2016
Und trotzdem machen sich die Gegner immer wieder stark. Nicht so wie die aggressiven antitaurinos in Frankreich, sondern hier geht man demokratische Wege. So kam es 2005 dazu, dass das Regionalparlament der Azoren, mit 28 zu 26 Stimmen eine Legalisierung der blutigen festejos taurinos zurückgewiesen hatte. Immerhin, 48 Prozent stimmten für die tauromaquia! Wenige Jahre später wurde dieses Verbot wieder aufgehoben und auf den darf man sich wieder auf den Iihas dos Açores mit und an der mundo de los toros erfreuen.
Cartel taurino aus dem Jahr 2013
Beeindruckend die carteles taurinos auf den Azoren. Übergrosse Strassenplakate verzieren das Landschaftsbild, und lassen keine Zweifel darüber aufkommen, dass die toros eben doch auf die Atlantikinselgruppe gehören, mehr noch, sie sind eine Tradition. Bestandteil des kulturellen Lebens. Mehr noch, die Bevölkerung nimmt für sich in Anspruch, auf der isla más taurina del mundo, auf der taurinischsten Insel der Welt zu leben.
Cartel taurino aus dem Jahr 2015
Auch in diesem Jahr finden hier anlässlich des der Festlichkeit zur Johannesnacht festejos taurinos statt. Angekündigt sind unter anderem eine corrida de toros mit den matadores de toros José Garrido, Juan Leal und Daniel Luque und den toros, natürlich aus heimischem Gefilde der Insel Terceira, von der ganaderías Rego Botelho. Ebenfalls im Programm selbstredend rejoneos und touradas á cordas
Plaza de toros in São João für 5.000 Zuschauer.
Die plaza de toros mit einem aforo von 5.000 Zuschauern, in der Hauptstadt der Insel Terceira wurde am 21. Juni 1984 wieder eingeweiht, nachdem diese vier Jahre vorher im Jahr 1980 bei einem Erdbeben zerstört worden ist. Die erste plaza in der Mitte des Atlantischen Ozeans, drei Flugstunden von Lissabon und vier Flugstunden von Boston entfernt, entstand 1870 in São João. Über die einzigartige plaza de toros dem Cráter de toros auf dem Vulkan der Insel Graciosa hatte SfA schon berichtet.